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Optionen zur Weiterentwicklung des ANK

31.07.2025

Stellungnahme

Um das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) wirkungsvoll weiterzuentwickeln, hat der WBNK in einer Stellungnahme zentrale Handlungsfelder identifiziert und Empfehlungen entwickelt. Seine Empfehlungen zielen darauf ab, das erhebliche Klimaschutzpotenzial natürlicher Ökosysteme konsequent zu nutzen. Dabei stehen neben ökologischen Wirkungen auch rechtliche, planerische und finanzielle Voraussetzungen im Fokus – etwa durch gezielte Anreize, vereinfachte Verfahren und die bessere Integration in bestehende Strukturen. Die folgenden Vorschläge des Beirats zeigen konkrete Wege auf, wie Natürlicher Klimaschutz deutschlandweit wirksam umgesetzt werden kann.


Moore: Nass bewirtschaften und größtes Einsparungspotential nutzen

Die Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter Moore hat ein enormes Potenzial für den Klimaschutz. Als Ziel empfiehlt der WBNK, bis 2045 rund 80 Prozent dieser Flächen wieder zu vernässen – das entspricht etwa einer Million Hektar. Auf nur ca. 6% der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands könnten somit etwa ein Drittel der Emissionen aus der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Bodennutzung eingespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es schnell finanzielle Anreize für Landwirtinnen und Landwirte, neue Wertschöpfungsketten für Produkte aus Land- und Forstwirtschaft auf nassen Moorböden (Paludikulturen) und geeignete gesetzliche und institutionelle Rahmenbedingungen. Der Beirat empfiehlt deshalb Wiedervernässungsprämien, die Einnahmeausfälle bei der Umstellung attraktiv ausgleichen und Investitionen in die neue Nutzung ermöglichen, und die sehr zügige Fertigstellung der Förderrichtlinie für landwirtschaftlich genutzte Moorböden („Palu“) . Wiedervernässung muss sich darüber hinaus auf weitere Nutzungen im Moor wie den Wald erstrecken, um den Kohlenstoffspeicher zu schützen und ein Minderungspotential von bis zu 40 Mio t CO2-Äq. jährlich bis 2045 zu erreichen. Damit der Umbau von trockenem zu nassem Moor gelingt, braucht es außerdem erleichterte Planungsabläufe mit vereinfachten Genehmigungsverfahren und intensive Beteiligung der Menschen und Akteure in den moorreichen Regionen.


Natürliche Gewässer und Auen: Leitbilder und Maßnahmen für naturnahen Wasserhaushalt entwickeln

Der WBNK empfiehlt die Revitalisierung von Auen durch die Wiederanbindung an Fließgewässer zur Erhöhung der Speicherkapazität von Kohlenstoff in Boden und Vegetation. Die Renaturierung von Gewässern ist zentral, um die hydrologische Dynamik zu verbessern, wodurch insbesondere Auenwälder mehr Kohlenstoff speichern, die Biodiversität erhöht und Hochwasser und Dürren entgegen gewirkt wird.

Die Entwicklung von Leitbildern für einen naturnahen regionalen Wasserhaushalt sind wichtig, um gezielt wirksame Maßnahmen und geeignete Projektgebiete festzulegen. Um Hemmnisse wie mangelnde Flächenverfügbarkeit oder geringe Akzeptanz abzubauen, sind multifunktionale Landnutzung und partizipative Ansätze notwendig. Der Beirat spricht sich dafür aus, die vielfältigen Ökosystemleistungen und Synergien von Auen und Auwäldern – etwa für Grundwasserneubildung, Nährstoffrückhalt und den Landschaftswasserhaushalt – stärker sichtbar zu machen. So sollen Wirkung, Akzeptanz und Effizienz der Maßnahmen deutlich erhöht werden.


Küsten und Meere: Integration und Schutz mariner Kohlenstoffsenken stärken

Für einen wirksamen Natürlichen Klimaschutz empfiehlt der WBNK eine stärkere Integration von Land-, Küsten- und Meeresökosystemen, da deren künstliche Trennung die nachhaltige Steuerung von Kohlenstoffflüssen behindert. Der Beirat spricht sich für Maßnahmen wie die Renaturierung von Moor- und Marschlandschaften, den Schutz von Küstenwäldern sowie die Wiederansiedlung von Seegraswiesen und Austernriffen aus, die Kohlenstoffbindung, Biodiversität und Küstenschutz zugleich fördern. Um das Potenzial mariner Kohlenstoffsenken voll auszuschöpfen, fordert der WBNK konkrete Ausbauziele, besonders auch für den Schutz des Meeresbodens, mit der Option, langfristig einige Mio CO2 zu binden. Außerdem empfiehlt der Beirat eine technologische Weiterentwicklung und wirtschaftliche Bewertung mariner und terrestrischer Maßnahmen, um Effizienz und Finanzierbarkeit der Maßnahmen künftig besser beurteilen zu können.


Wildnis und Schutzgebiete: Ausbau, Vernetzung und Klimaschutz integrieren

Um das globale 30-Prozent-Ziel für Schutzgebiete an Land und im Meer bis 2030 zu erreichen, empfiehlt der WBNK den gezielten Ausbau, die bessere Vernetzung und die multifunktionale Ausgestaltung von Schutzflächen. Entscheidend ist dabei nicht nur die Flächengröße, sondern auch deren ökologische Einbindung in funktionale Biotopverbünde. Klimawandel und Klimaschutz müssen systematisch in das Schutzgebietsmanagement integriert werden. Aus raumplanerischer Sicht erfordert eine zukunftsfähige Umsetzung vor allem eine stärkere Verankerung in kommunalen Flächennutzungs- und Landschaftsplänen, die Priorisierung von Flächen mit Renaturierungspotenzial sowie die Berücksichtigung klimatischer Wirkachsen und ökologischer Infrastruktur wie Ackerrand- oder Gewässerrandstreifen.


Wälder: Mehr Anpassung und ökosystemschonende Nutzung bedeuten mehr Klimaschutz

Wälder sind unverzichtbar für die Erreichung der Klimaziele des Bundes. Der WBNK empfiehlt, deren Anpassung an den Klimawandel zu verstärken, sei es durch natürliche Entwicklung, wo möglich, oder aktives Management, wo nötig. Insbesondere in alten Laubwäldern auf risikoarmen Standorten besteht die Option, durch geringe Holznutzung mehr Kohlenstoff im Wald einzubinden. Wenn sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam dafür einsetzen, könnte in über 110.000 Hektar alter Buchenwälder in Deutschland auf eine Nutzung verzichtet werden. So wäre eine zusätzliche CO2-Einsparung von rund 2 Millionen Tonnen jährlich möglich. Darüber hinaus sollten ökosystemschonende Waldbehandlung und der Bodenschutz sowie die Nutzung langlebiger Holzprodukte besser honoriert werden. Gleichzeitig sollten Anreize dafür abgebaut werden, Frischholz energetisch zu nutzen. Der Beirat schlägt die Einrichtung einer nationalen Zukunftskommission Wald sowie die Reform des Bundeswaldgesetzes vor. Auf diese Weise sollen Zielkonflikte zwischen Klimaschutz, Holznutzung und Biodiversität gelöst werden.


Landwirtschaft: Humusaufbau und Bäume in der Agrarlandschaft

Landwirtschaftliche Böden bieten ein großes Potenzial für den Klimaschutz – vor allem durch den Aufbau und Erhalt von Humus sowie den Anbau von Bäumen auf Agrarflächen. Agroforstsysteme – also die Etablierung von Gehölzen auf Acker- Grünlandflächen – leisten gleich einen mehrfachen Beitrag: Sie speichern CO2 (Potenzial von bis zu 2,5 Mio t CO2-Äq. jährlich), machen Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen Trockenheit, Erosion und Extremwetter und erhöhen die Biodiversität in den Agrarlandschaften. Derzeit werden sie aber kaum eingesetzt, weil wirtschaftliche Anreize fehlen. Der WBNK empfiehlt deshalb die Förderung klimaangepasster Anbaumethoden wie Agroforst, Streifen- und Zwischenfruchtanbau oder Lebendmulchsysteme.


Siedlungs- und Verkehrsflächen: Nachhaltige Stadtentwicklung ermöglichen

Der WBNK empfiehlt, den Natürlichen Klimaschutz in Siedlungsgebieten durch eine differenzierte Bilanzierung im LULUCF-Monitoring zu stärken, die Maßnahmen wie Begrünung und Entsiegelung erfasst und so Anreize für Kommunen schafft. Aufgrund des hohen Investitionsbedarfs in mehr als 10.000 Kommunen sieht der Beirat eine deutliche Aufstockung bestehender Förderprogramme als notwendig an, verbunden mit deren Verknüpfung zu Instrumenten wie der Städtebauförderung und kommunalen Klimaanpassungskonzepten. Zudem sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen, beispielsweise durch eine Novelle des Baugesetzbuchs, verbessert und Fehlanreize für nicht nachhaltige Siedlungsentwicklung abgebaut werden. Nachhaltige Stadtentwicklung wird dabei als ganzheitliche Aufgabe verstanden, die ökologische, soziale und kulturelle Aspekte umfasst. Der WBNK empfiehlt deshalb mehr Ressourcen und Unterstützung für ko-kreative Ansätze, die auch private Flächen einbeziehen. Ergänzend sollte die Förderung kommunaler Anreizprogramme zur Begrünung und Entsiegelung sowie praxisnahe Forschung zu kosteneffizienten Maßnahmen wie Stadtwildnisflächen ausgebaut werden.


Forschung vorantreiben, Hindernisse abbauen, Planungssicherheit schaffen

Die Entwicklung verbesserter Ansätze der Messung und Modellierung von Klimawirkungen ermöglicht eine zeitnahe Erfolgskontrolle und Maßnahmenbewertung. Weitere Forschungslücken gilt es insbesondere bei der Abschätzung der Synergien mit anderen Ökosystemfunktionen und dem Erhalt der Biodiversität zu schließen. Zudem wird die Umsetzung wirksamer Maßnahmen im Natürlichen Klimaschutz derzeit durch rechtliche Hürden und komplexe Planungsverfahren verzögert. Um das Potenzial besser auszuschöpfen, sollte der Natürliche Klimaschutz stärker in Fach- und Gesamtplanungen integriert werden. Notwendig sind Vereinfachungen und eine Bündelung der Genehmigungsverfahren sowie eine klare Strukturierung der Abläufe. Die Integration in raumbedeutsame Planungen, etwa durch die Einrichtung von Beschleunigungs- und Vorranggebieten und zentralen Zuständigkeiten, sowie eine unbürokratische, experimentierfreudige und für alle Kommunen zugängliche Förderpraxis sind weitere wichtige Voraussetzungen, um die Umsetzung voranzutreiben. Darüber hinaus sind verlässliche Methoden zur Emissionsprognose und -bilanzierung entscheidend, um Planungsentscheidungen fundiert treffen zu können.